Die dritte Welle der Coronapandemie rollt über Deutschland hinweg. Für die einen von uns heißt das, ohne Job oder mit Kurzarbeiter*innengeld über die Runden kommen zu müssen. Gleichzeitig bedeutet es für die Leute in der Restbelegschaft, die doppelte Arbeit machen zu müssen. Nach über einem Jahr könnte man meinen, die Politik würde zumindest jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen. Mehr Intensivbetten oder vernünftige Betreuungs- und Impfkonzepte? Fehlanzeige! Die Coronapandemie nutzen Politiker*innen stattdessen vor allem, um sich die eigenen Taschen zu füllen. Wir zahlen ein Vielfaches für Masken und Abgeordnete lassen sich mit Vermögen von Konzernen bestechen.
Die Angestellten im Gesundheitsbereich, Einzelhandel und der Pflege dagegen haben nichts abbekommen, außer Applaus und Schokolade. Die Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst – angeblich auch Corona-Held*innen – deckt kaum die höheren Lebenshaltungskosten ab. Dabei hat es davor schon nicht zum Leben gereicht.
Und jetzt legen Arbeitgeberverbände in den Tarifverhandlungen Nullrunden als “Angebot” vor.
Für diese Zustände machen Politik und Arbeitgeberverbände die Corona-Krise verantwortlich. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich hat sich die Weltwirtschaft von der Krise 2008 nie ganz erholt. Über 10 Jahre lang wurden massenweise Geld und billige Kredite vergeben, um die Konjunktur anzukurbeln. Doch nichts davon ist bei der arbeitenden Bevölkerung angekommen. Die Milliarden flossen an Großkonzerne, deren Besitzer*innen damit an der Börse weiter fröhlich Lotto spielen. Bereits jetzt sind zehntausende Arbeitsplätze „gefährdet“. Gefährdet, weil den Konzernchef*innen klar ist, dass sie in wirtschaftlichen Flautezeiten ihre Arbeiter*innen noch härter ausbeuten müssen, um am internationalen Markt die Konkurrenz ausstechen zu können. Die Folge: Bei BMW will das Management nach der Streichung von 5000 Stellen im Jahr 2020 auch dieses Jahr wieder Leute rausschmeißen – und das bei Milliardengewinnen.
All das lässt sich nicht mit der Corona-Krise begründen. Doch die Pandemie ist eine willkommene Ausrede, um Löhne zu kürzen, die Arbeitsbelastung zu erhöhen und dabei auch noch Steuergeschenke und Kurzarbeiter*innengeld einzustecken.
In den Streiks der letzten Monate und Jahre hat sich gezeigt: Die herrschende Klasse weicht keinen Schritt zurück. Eine Verschiebung der Tarifverhandlungen nach die Pandemie kam ihnen nicht in die Tüte, denn Lockdown und Vereinzelung waren für die Chef*innen nur ein willkommener Grund, um mit unverschämt niedrigen „Angeboten“ noch einmal mehr auf die Arbeiter*innen draufzuschlagen. Die allgemeine Verunsicherung inmitten einer sich ausbreitenden Krankheitswelle und Hoffnung auf die schon längst aufgekündigte Sozialpartnerschaft taten ihr Übriges. Die Gewerkschaftsführungen gingen nicht den Schritt, massenhafte Aktionen und entschlossene Streiks auf die Tagesordnung zu setzen.
Dabei gibt es genug Beispiele, wie wir auf der Straße echte Verbesserungen erkämpfen können. Mit monatelangen Demonstrationen und Streiks legte die Gelbwestenbewegung ganz Frankreich lahm. Die französische Version von Hartz-IV und eine Erhöhung des Rentenalters kostete der Regierung fast den Kopf.
In Argentinien haben Frauen* eindrucksvoll gezeigt, dass frauen*feindliche Gesetze keine Chance gegen millionenfachen Widerstand haben. Nach einer beispiellosen politischen Kampagne, begleitet von Protesten, wurde Geschichte geschrieben: Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen wurde gekippt.
In den USA wurden mitten im gesundheitspolitischen Totalversagen der Regierung Trump und rassistischen Morden von Polizeibeamten ganze Stadtviertel besetzt. Polizeistationen mussten geräumt werden, halbe Innenstädte übernahmen ihre Verwaltung selbst. Die Menschen kümmerten sich selbst um die Versorgung Schutzsuchender, Sicherheit, Unterstützung der Ärmsten, Bildung und politische Teilhabe für alle.
All diese Erfolge sind nicht über Nacht entstanden. Besonders in München hatten revolutionäre Forderungen am 1. Mai lange nicht ihren festen, eigenen Platz. Dabei gibt es Gründe genug, dass sich auch hier endlich etwas bewegt. Deswegen heißt es ab auf die Straße. Lasst uns zeigen, dass wir uns nicht mit den Krümeln abfinden, die uns die Bonzen hinwerfen, dass wir bereit sind für das zu kämpfen, was uns zusteht – und zu gewinnen!